Freitag, 26. Dezember 2008

Ab in die Rocky Mountains...

Colorado ist ein äußerst vielseitiger Staat. Im Süden ist die Landschaft durch die grasbewachsene Prärie gekennzeichnet, die, wie in Texas und Oklahoma, vor allem für die Viehzucht von Bedeutung ist. Je weiter man jedoch nach Nordwesten vordringt, desto hügeliger wird die Landschaft. Denver, die Hauptstadt, liegt direkt am Fuß der Rocky Mountains, und ist ein wichtiges Finanz- und Verwaltungszentrum. Da Denver auf knapp 1600 Meter Seehöhe liegt, wird die Stadt auch Mile-high-City genannt. Attraktiv wirkt Denver durch die breiten Straßen, aber weitere Vorzüge konnten wir keine feststellen. Vielleicht fehlte uns auch die richtige Unterhaltung, so wie sie Sal Paradise und Dean Moriarty in „On the Road“ geboten wurde, doch bei genauerer Überlegung war das vielleicht auch gut so. Südlich von Denver, in dem Ort Manitou Springs, liegt der sogenannte „Garden oft he Gods“, eine bizarre Landschaft aus rotem Gestein, die an eine Märchenwelt erinnert. Tatsächlich handelt es sich um Sedimentgestein, welches durch die Witterung in recht seltsame Formen umgestaltet wurde – auf jeden Fall einen Abstecher wert. Das Städtchen Manitou Springs selbst ist ein Touristenort der vor allem vom Verkauf von Souvenir und Nippes lebt. Die zahlreichen Motels an der Main Street weisen teilweise noch Schilder aus den Fünfzigern und Sechzigern auf, was für Nostalgiker wie uns natürlich eine besonders glückliche Fügung aufweist, die Zitate an „Atomic- und Space-Age“ sind unübersehbar.






Wenige Meilen westlich von Denver liegt Golden, ein kleines Städtchen, das vor allem während des Goldrausches im vorvorletzten Jahrhundert einen Boom erlebte. Während andere Orte mit ähnlicher Geschichte inzwischen längst wieder verlassen und zu Geisterstädten verkommen sind, konnte Golden die Abwanderung verhindern. Einer der Gründe ist, dass sich 1873 ein deutscher Auswanderer namens Adolf sich in Golden niedergelassen hat und die Coors-Brauerei, ehemals eine der größten der Welt, begründete. Die Brauerei ist heutzutage einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Region. Im Übrigen ist Colorado ohnehin in den ganzen Staaten für qualitativ hochwertiges Bier bekannt, so stammt auch „Fat Tire“ und „Sunshine“ aus dem „Centennial State“. Eine weitere Besonderheit in dem ehemaligen Goldgräberstädtchen ist die Tatsache, dass der berühmte Büffeljäger William Frederick Cody hier seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Die Stelle des Grabes, dem auch ein Souvenirshop sowie ein Museum angegliedert sind, befindet sich auf dem Lookout Mountain, der bequem mit dem Automobil erklommen werden kann. Beim Eintritt in das Museum fragte uns die Dame am Empfang nach unserer Herkunft und zauberte prompt ein Mäppchen mit sämtlichen Stationen der „Buffalo Bill Wild West Show“ herbei. Oh Wunder, Graz, Linz, Leoben, Klagenfurt, das einstige Marburg waren alle im Jahr 1906 vom alten Büffeljäger samt Indianertruppe besucht worden. Da staunten wir nicht schlecht. Am Grab selbst dann die nächste Überraschung, der alte Knabe war ein Meister der Freimaurer gewesen. Interessant aber ungeklärt bleibt das Selbstverständnis William Codys, der zwar eifrig am Tempel der Humanität mitgebaut hat, aber trotzdem Rothäute zu Dutzenden abknallte.




Der Vail-Pass zwischen Dillon und Eagle mit einer Höhe von 10603 feet, etwas mehr als 3400 Meter, wird, dem amerikanischen Straßenbauamt zum Dank, durch einen Interstate, den I-70 überbrückt. Gleichzeitig ist der Grat am Pass Teil der kontinentalen Wasserscheide, somit waren wir nun unwiderruflich „pacific bound“. Das dichte Schneetreiben war trotzdem kein Honiglecken und die dünne Höhenluft machte sich auch als Leistungsverlust des Cadillacs bemerkbar. Trotzdem meisterten wir das Hindernis bravorös und kamen heil auf der anderen Seite des Berges an, wo wir uns im Ort Eagle labten. Der Ort ist einer der vielen Skiorte der Rockies, der Schnee, der uns jetzt noch längere Zeit begleiten sollte, fühlte sich nach dem Sommer im heißen Arkansas und der Reise durch das schneelose Oklahoma und Texas aber keineswegs fremd an. Im Grunde sind die Ähnlichkeiten zwischen Österreich und den Rocky Mountains in Colorado erstaunlich zahlreich vorhanden. Interessanterweise sinkt die Anzahl der Afroamerikaner je weiter man in den Westen vordringt. Die neuen „Nigger“ sind die Latinos. Egal, ob Müll sammeln auf dem Zwischenstreifen der Interstates in Tennessee, Schnee schaufeln in Skiorten in Colorado oder Zimmermädchen in Motels in Tulsa, jegliche Art von Drecksjob wird von den Mexikaner zum kleinen Preis erledigt. Natürlich sind die meisten illegal im Land und sprechen teilweise überhaupt kein Englisch und haben deshalb keine Chance auf eine Verbesserung ihrer Situation in derselben Generation. Aber der Motor des Kapitalismus muss ordentlich mit Ausbeutung geschmiert werden. Die demographische Verschiebung wurde natürlich längst erkannt, so sind auf Ämtern und in öffentlichen Plätzen viele Hinweise bereits in Spanisch und mexikanisches Spanisch hat Französisch als die am häufigsten gewählte Fremdsprache in den Schulen und Universitäten abgelöst. Wie das traditionelle Amerika, weiss, angelsächsich und protestantisch mit der dunkleren, hispanischen und katholischen Herausforderung umgehen wird, wird sich in nächster Zeit wohl offenbaren. Unser Etappenziel hieß an diesem Tag auf jeden Fall Glennwood Springs, ein Badeort mit Thermalquellen inmitten der Berge. Auch dort war unser Quartier fest in Latino-Hand.

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