Samstag, 30. August 2008

University of Arkansas at Little Rock


Es ist das Labourday-Wochenende, der Uni-Betrieb läuft seit knapp eineinhalb Wochen, wir nutzen die Gelegenheit für ein kurzes Resümee. Unsere Gastuniversität, die University of Arkansas at Little Rock, die viertgrösste Universität des Bundesstaates Arkansas, befindet sich im südlichen Teil der Hauptstadt von Arkansas auf einem abgeschlossenen Gelände und gehört somit zu den Campus-Universitäten. An die 12.000 Sudenten gehen hier ihrem Studium nach, wobei der Anteil an Studenten mit bereits abgeschlossener Berufsausbildung und Teilzeitstudenten relativ hoch ist – die Tendenz zur Weiterbildung ist auch in den USA deutlich spürbar. So sitzen in meinem Islam-Modern-Middle-East-Kurs unter anderem ein Polizist und mehrere Soldaten der US-Army, wohl auch wegen dem Kriegseinsatz im Irak.

Der Campus weist ein Fläche von 0,61 Quadratkilometern auf und verfügt über ein eigenes Sportzentrum mit Hallenbad und Fitnesstsudio, die Benutzung ist für Studenten und Mitarbeiter gratis. Gegründet wurde die Universität 1927 und ist somit deutlich jünger als die gute, alte KF. Die Parallelen sind trotzdem erkennbar, alleine anhand der Architektur erkennt man das enge Verhältnis der beiden Institutionen. So ist das Gebäude des Linguistic-Departments relativ modern, wie eben das Anglistik-Institut in Graz, das History-Department wiederum ist in einem extrem hässlichen Klotz untergebracht, der den Charme einer Parkgarage versprüht, ähnlich grauslich wie der Philo-Turm in der Heinrichstrasse 26, 8010.


Die weiteren der rund vierzig, weit moderneren Gebäude sind idyllisch in Mitten eines Pinienhains gelegen. Für das leibliche Wohl sorgt eine Mensa, in der asiatische Speisen wie Wokgerichte und Sushi, aber auch Salate, Hamburger, Tortillas, Pizza und Teigtaschen erhältlich sind. Weiters gibt es eine Filiale von “Taco Bell”, einer TexMex-Fastfoodkette, einen Starbucks und eine Sandwich-Bude. Im selben Gebäude befindet sich auch der Universitäts-Buchladen mit seinen überhöhten Preisen, dem die Boutique der Universität angeschlossen ist. Als stolzer Student der UALR kann man aus einer breiten Palette an Merchandise-Artikeln wählen, Becher, Stifte, Schreibblöcke, Sweatshirts, T-Shirts, Handtücher, Plüschtieren, Unterwäsche und und und




Die Universitätsbibliothek ist sehr gut bestückt, rein zufällig stolperten wir bei der Besichtigung über eine eigene kleine Abteilung zur österreichischen Geschichte. Da schwillt das rotweißrote Patriotenherz in der Brust, dass sogar hier im tiefen Süden der USA unser kleines Land eine Rolle spielt...
Die Bücherleihe erfolgt, im Gegensatz zur UB zu Hause, in jener Weise, dass man sich die Bücher gefälligst selbst aus den Regalen holt.




Die Nachbarschaft zur Universität, in Richtung Osten, geht in ein weit weniger freundliches Viertel der Stadt über, wir wurden mehrfach gewarnt, uns nicht in diese Richtung zu begeben, schon gar nicht zu Fuß. Der örtliche Umschlagplatz für Crack und Heroin, befindet sich im “Ritz”, gleich quer über die Straße, das uns bis jetzt nur durch sein antikes Neonschild aufgefallen ist. Es ist nämlich nicht das weltberühmte Hotel, sondern vielmehr ein Motel, das mit “Mikrowelle und Kühlschrank in jedem Zimmer” wirbt. Fraglich ist weiters, warum sich ein “Gentlemen’s Club” – vielleicht ein Bordell, aber ganz sicher ein Striptease-Lokal - und ein Schnapsladen auch in fußläufiger Umgebung zum Campus befinden. Praktisch für die Studenten oder doch eher für die Dozenten? Wir bleiben dran.

Der große Unterschied im universitären Lehrbetrieb besteht darin, dass die Kurse nicht wöchentlich, sondern zwei bis drei Mal in der Woche stattfinden und die Vorbereitung auf die Einheiten vor allem durch Lektüre zu Hause besteht, welche ein erschreckendes Ausmaß annehmen kann. Weiters sind die Prüfungstermine bereits jetzt festgelegt, der Vorteil liegt darin, dass bei Semesterende wirklich alles erledigt ist – da fällt mir ein, dass ich zu Hause in Graz noch eine Prüfung offen habe. Traditionelle Vorlesungen sind rar, die Lehrveranstaltungen erinnern eher an Seminare, da die aktive Teilnahme der Studenten vorausgesetzt wird. Wir sind also gespannt, was noch auf uns zukommen wird...


(hier auf der Laufstrecke dreht schon mal der ein oder andere Buero-Hengst in der Mittagspause seine Runden. Wo sonst kann man sich so frei bewegen ohne angefahren zu werden?)






Montag, 25. August 2008

Das Trader Vic's




















Das Trader Vics im Keller des Atlanta Hilton sperrt um 17.00 auf, das hieß für uns warten, denn wir waren schon um 16.00 vor Ort. Diese Pause nutzten wir um uns im Hilton etwas umzusehen. Die riesige Lobby und die unglaubliche Anzahl an Menschen, die geschäftig herumirrten sowie die Menge der ausnahmslos afro-amerikanischen Kongressteilnehmer waren ein wirklich eindrucksvoller Anblick.

Es ist unglaublich, welcher Reichtum sich hinter dem Hilton-Klan befinden muss, umso erschüttender ist die Tatsache, dass eine Person wie Paris Hilton, die bis jetzt nur durch Amateurpornos, schlechte Reality-TV-Soaps und mangelnde Unterwäsche von sich reden machte, nun bemüßigt fühlt, zum amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf ihren Kommentar abgeben zu müssen – sie bevorzugt natürlich den republikanischen Kandidaten John McCain.

Nachdem wir mit dem gläsernen Fassadenlift anstelle in das Kellergeschoss in Windeseile in den 28ten Stock gerast waren, schafften wir es trotzdem, den Eingang des Trader Vics zu finden. Eine Vitrine vor dem Eingang enthält zahlreiche Artikel aus der Geschichte der Lokalkette, wie diverse Tiki-Becher (der legendäre „Suffering Bastard“, die Aloha-Kokosnuss), Teller, die Trader Vic’s Mai Tai-Fertigmischungen, die Cocktailsirupe, aber auch Teitelbaums „Road Trip“, Sven Kirstens essentielles „Book of Tiki“ und eine Victor Bergeron-Biographie, der Vic hinter Trader Vic.

Nachdem wir um 17:00 endlich Einlaß gefunden hatten, nahmen wir unweit der Bar Platz – um dem Barmann bei seiner Tätigkeit beobachten zu können - und orderten erstmal zwei Original Mai Tai. Meiner Meinung nach ist er nach wie vor der beste Rum-Cocktail überhaupt, eben Mai tai roa ae. Im Vergleich zum Trader Vic's in München oder in London – bislang die einzigen Trader Vic’s die wir besuchten - wirkt das Lokal in Atlanta beinahe unterdekoriert, obwohl es von Tikis im marquesianischen Stil, meist in der Funktion als Zierpfeiler, geradezu wimmelt.

Die Wände sind mit Bambus, Tapastoffen, Schildkrötenpanzern und Schnitzerein verziert, der Teppichboden weist ein überaus hübsches, buntes, florales Muster auf. Von der palmwedelgedeckten Decke hängen Glaskugellampen, Kugelfische und Fischreusen. Die verwinkelte Anordnung der Räume suggeriert das Gefühl, in einer kleinen Hütte zu sitzen, obwohl das Ausmaß des Lokals enorm ist. Gemeinsam mit dem Lokal in Emeryville, CA ist das Trader Vic’s in Atlanta eines der letzten, alten, originalen Lokale der Kette, teilweise sind die Tikis und der Wandschmuck über 50 Jahre alt.


Als kleinen Snack bestellten wir uns gebackene Shrimps und polynesischen Schweineripperl mit verschiedenen Dips, ein wahre Köstlichkeit. Der Mai Tai war längst passe, Nachschub in Form eines Blue Hawaii im klassischen Hurricane-Glas kam sogleich an den Tisch. Nicht zu süß, wunderschön hellblau und mit Ananasspießchen serviert, war er gerade passend. Der „Blue Hawaii“ wurde schon 1957 im Hilton Hawaiian Village in Honolulu von Harry Yee kreiert, also schon vier Jahre vor dem gleichnamigen Elvis-Film, einem seiner schönsten Filme, wie wir finden.

Einem weiteren Cocktail konnten wir vor dem Verlassen des Lokals nicht widerstehen, unsere Wahl fiel auf den "Kamaaina", der in einem keramischen Kokosnussbecher serviert wurde. Leider war es nicht möglich den Becher käuflich zu erstehen, vor einem dreisten Diebstahl wiederum schreckte ich zurück. Das Kokosaroma des Cocktails, ohne die fette Süsse eines Pina Coladas hatte etwas sehr erfrischendes. Trotzdem sei hier vor dem hohen Alkoholgehalt der Drinks gewarnt, obwohl das Eis, die Sirupe und die ausnahmslos frisch gepressten Fruchtsäfte den Geschmack des hochwertigen Rums überdecken, die Wirkung lässt nicht lange auf sich warten. Hierbei sei erwähnt, dass es im englischen Sprachgebrauch gar kein adäquates Wort für den Zustand des Rausches gibt, „intoxication“ bedeutet gleichzeitig auch Vergiftung.

Ein lustiges Detail am Rande war die musikalische Untermalung während unseres Aufenthaltes. Diese stammte nämlich von der uns wohlbekannten, italienischen Hawaii-Combo „I Belli Di Waikiki“ – zwar nicht live, sondern in Form ihres zweiten Albums „Tipi di Spiaggia“ - welches durch die Hausanlage lief.

Der Besuch eines Trader Vic’s ist immer ein Erlebnis, egal wo man sich auf dem Erdball befindet. Die Cocktails gehören zu den zweifelsfrei besten der Welt und der Erfolg gibt dem Recht. Zwar fehlt es in Atlanta an gewissen Gags, wie dem 12-Personen-Mai-Tai-Kanu im Trader Vic’s in London, doch wie wir in Erfahrung bringen konnten, gibt es stattdessen chillige Hawaii-Abende mit Live-Musik. Ob auch „I Belli Di Waikiki“ dort auftreten werden? Wahrscheinlich werden sie jedoch vorher beim „Klub Exotika“ in Graz wieder einmal die Meute beglücken...

Samstag, 23. August 2008

Music City USA - Nashville

Auf dem Broadway, Blickrichtung Downtown.

Das legendäre Ryman Auditorium, Home of the Grand Ole Opry


Hier der King mit einer aussergewöhnlich hübschen Handtasche!
(und Alan Jackson schaut neidisch zu)


Der Broadway in Downtown.
Robert´s, Tootsie´s und die ganzen anderen Kneipen in denen die sich die Bands für Trinkgeld die Seele aus dem Leib spielen, in der Hoffnung einen Plattenvertrag bei einem der ortsansässigen Label zu bekommen.

Bis 1946 war Nashville nur als das "Athen des Südens" bekannt, lange bevor sich die Produzenten, Autoren und Verleger der Country Music hier nieder ließen. Doch die alternative Country-Szene ließ sich hier nie blicken. Bakersfield CA, Branson MO und Austin TX sind die Städte in denen die wahre Country Musik abseits des "Nashville-Sounds" beheimatet war und ist.


Donnerstag, 21. August 2008

Memphis, Tennessee - Elvis Week 2008


Die Elvis-Week 2008 in der Woche vom 9.8-16.8.2008 war für uns ein Grund, die 140 Meilen lange Reise nach Memphis anzutreten, nicht ohne den Hintergedanken bei Cozy Corners eine Portion der wahrscheinlich besten BBQ-Schweinerippchen in ganz Memphis geniessen zu können.





Nach einigen Staus auf dem Interstate Richtung Osten, während denen wir uns mit Elvis-Movie-Songs einstimmten, stärkten wir uns nach der Ankunft jenseits des Mississippi erstmal mit besagten Rippchen, einem BBQ-Pork-Sandwich und einem überaus köstlichen Kürbiskuchen. Das der Mampf auf Plastiktellern inkl. Plastikbesteck serviert wird, ist eine in den USA weit verbreitete Unsitte - wir blickten großzügig darüber hinweg.

Sodann beschlossen wir noch im Legendary Sun Studio in der Union Avenue vorbeizuschauen, um und etwaige Infos für die Elvis-Week zu holen, schließlich ist das Sun-Studio als offizieller Partner auf der Homepage angeführt. Doch dieses Unterfangen blieb leider erfolglos, das Personal im Studio hatte überhaupt keine Ahnung von dem, was wir wollten. Einer Bemerkung würdig ist auch die Tatsache, dass am Geburtsort des Rock’n Roll die käuflich erwerbbaren CDs der Sun-Interpreten großteils aus den Beständen von europäischen Labeln wie Charly-Records (GB) und Bear Family Records (D) stammen.

So beschlossen wir, Richtung Graceland, dass im Süden der Stadt am Elvis Presley Blvd gelegen ist, zu fahren. Als wir das Graceland-Besucherzentrum erreichten, war sofort klar dass wir mit unserer Entscheidung absolut richtig gelegen hatten. Fans aus aller Welt tummelten sich auf dem Gelände, Elvis-Imitatoren traten auf einer Bühne in einem Zelt auf, Getränke- und Snackstände waren vorhanden, die Souvenirboutiquen waren geöffnet und machten tolle Umsätze, es herrschte ausgelassene Jahrmarktsstimmung. Die Presley-Geldmaschine funktioniert nach wie vor prächtigst.
Eine Elvis-Imitatorin war gerade auf der Bühne, als wir vom Parkplatz kamen und das Zelt betraten, Sekunden bevor es ausgiebig zu regnen begann.


Ihren tadellosen Gesang präsentierte sie mit einer Kombination aus Elvis-Tanzschritten und offensichtlich einer in einem Striplokal erworbenen Choreografie, ohne jedoch ein Kleidungsstück abzulegen. Doch das Maß an Skurrilität war noch längst nicht erreicht. Als nächstes betrat ein ca. 10 Jahre altes Mädchen nach der Ansage ihrer Mutter die Bühne, gekleidet in einen weißen, mit Straßsteinen verzierten Jumpsuit und einen massiven, breiten, goldenen Gürtel. Der für ein Kind erschreckend tiefe Gesang und die Interpretation von Elvis-Klassikern begeisterten das Publikum, zum überwiegenden Teil Damen mittleren Alters, mehr als eine von ihnen wünschte sich vermutlich eine so süsse, engelsgleiche Enkeltochter. Die Mutter übernahm während der Show die Rolle des Charlie Hodge und hängte ihrer Tochter einen seidenen Schal nach dem anderen um den Hals, die diese sogleich an die Fans im Publikum, zum Großteil wohl die eigene Verwandtschaft, verteilte. Nach einigen abschließenden Elvis-Choreografien verließ das arme Mädchen, nachdem es noch einige altkluge Sprüche über die Bedeutung des Presley-Jungen von sich gegeben hatte, die Bühne und machte Platz für den nächsten Imitator.

Ein ca. 14 jähriger Knabe im schwarzen Jumpsuit und mit aufgemalten Koteletten betrat zu den Klängen von „Also sprach Zarathustra“ die Bühne und legte sogleich mit „See See Rider“ los. Das Hauptaugenmerk seiner Show lag wohl eher auf der Bewegung , denn der Gesang war eher dünn. Die jungen Mädchen am Bühnenrand schmachteten den Burschen an, so manch eine aus diesen Reihen dürfte wohl auf der Elvis-Week zum ersten Mal Gefallen und Interesse am anderen Geschlecht gefunden haben. Aber auch die reiferen Damen waren angetan und der Knabe, der ebenfalls Seidenschals verteilte, war mit Küsschen auf die Backen von Damen jeder Altersklasse alles andere als sparsam. Auch er hat offensichtlich eine ehrgeizige Mutter, die zwar als Charlie-Hodge-Schal-Lieferant fungierte, aber es leider verpasst hatte, sich als dieser Sideman zu verkleiden. Einige rockige Songs, „Burning Love“, „Suspicious Minds“ später verlies der Knabe, ebenfalls nach dem obligatorischen Kniefall die Bühne.

Was nun folgte war wirklich unglaublich qualitätsvoll. Ein junger Mann namens Dean Z schritt nach Ankündigung durch den Moderator und tosenden Applaus auf die Bühne, offensichtlich war er dem Publikum bestens bekannt. Weder Jumpsuit noch Koteletten noch Glitzerhemd zierten seinen Körper, ein schlichtes schwarzes Hemd und beige Hosen bildeten sein Outfit. Sogleich begann er seine Show mit der Titelmelodie aus dem 1966 Film „Spinout“. Sein Hauptaugenmerk lag auf Elvis-Songs aus der Film-Ära der Sechziger, die wirklich superb präsentiert wurden, doch nicht nur das: seine Tanzschritte, seine Bewegungen und seine Mimik stimmten mit denen von El aus den Filmen – Girls, Girls, Girls; Harum Scarum; GI Blues oder Roustabout - derart überein, dass man sich wirklich der Illusion hingeben konnte, es wäre der echte Elvis Presley auf der Bühne –allerdings bei Regenwetter in einem Zelt auf einem Parkplatz. Doch damit nicht genug, auch zwei Buddy-Holly-Songs präsentierte er stimmlich derart brilliant, sodass beim ersten Hinhören kein Unterschied zum Gesang des 1959 verstorbenen, schlaksigen Texaners auszumachen war. Wiederum hatte die Damenwelt ein Objekt der Begierde gefunden, Dean Z wurde nach dem Ende seiner Show regelrecht belagert.
Was danach folgte sei hier nur mehr erwähnt, ein Brite mit fliehendem Kinn, der hauptsächlich Balladen ala „Danny Boy“ interpretierte, gesanglich erste Qualität, ein etwas korpulenterer Herr in Jeans und Sportschuhen, der zwar nicht durch seine Bewegungen auffiel, sondern ebenfalls durch seine überzeugende Stimme und ein Glatzkopf, der seine Liederauswahl etwas zu arienhaft gestaltete.
Damit war der Livepart für diesen Tag beendet.


Ein Fackelzug zum Grab der Presley-Familie im Meditationsgarten von Graceland, auf der anderen Straßenseite, sollte noch folgen, schließlich war es die Nacht vor dem 31ten Todestag des Meisters. Die Polizei von Memphis hatte den Elvis-Presley-Blvd gesperrt, Kerzen wurden verteilt, die Menge sammelte sich auf der Straße.

Zuerst orientierungslos, schlossen wir uns den Massen an und gingen zum vermeintlichen Eingang des Grundstückes. Alsbald erkannten wir das wahre Ausmaß der Menschenmenge, die zum Grab pilgern wollte – es müssen zehntausende gewesen sein - denn wir mussten uns in eine lange Schlange einreihen.

Geschlagene zwei Stunden dauerte es, bis wir im nur ca. 300 Meter entfernten Meditationsgarten ankamen. Vorbeiführend an den berühmten, mit zahlreichen Sprüchen von Anhängern verzierten Gartenmauern des Anwesens, Fackelträgern, rekrutiert aus Mitgliedern von Elvis-Fan-Clubs aus allen Teilen der Welt, Grabgestecken, Labestationen mit Trinkwasser, nutzten wir, langsam vorwärtskommend, diese Stunden, um die Fans einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. So manchen treuen Fan, erkenntlich an diversen, selbstgestalterischen Anleihen am Meister – blauschwarz gefärbtes Haar, goldene Sonnenbrillen, lange Koteletten, Goldschmuck unter dem weit geöffneten Hemd, erblickten unsere Augen. Vor uns fuhr eine stark übergewichtige Dame, in eine rosarote, mit dem Wort Elvis geschmückte Jacke in beeindruckendem Ausmaß, in einem Buggy, wie sie für Behinderte und Geh-Faule in jedem Supermarkt zur Verfügung gestellt werden, im Einkaufskorb zwei große Becher mit Limonade. Beinahe wäre es zu einem folgenschweren Unfall gekommen, denn als die Dame ihr Vehikel nicht über die Randsteinkante bugsieren konnte und, anstatt abzusteigen, durch ein umständliches Manöver mit voller Geschwindigkeit das Hindernis meistern wollte, legte sie versehentlich den Rückwärtsgang des Fahrzeuges ein und rammte eine ihr nachfolgende Person.

Nachdem wir schon eine Stunde gewartet hatten, beschlossen wir, anstatt die Schlange zu verlassen, doch noch durchzuhalten, denn das Grab des Königs des Rock’n Roll kann man als Österreicher nicht alle Tage besuchen, im Übrigen ebenso wenig wie die Kapuzinergruft.
Die Dame in ihrem Buggy vor uns gab allerdings wenige Meter vor dem Grab auf, als der Batterieladestand ihres Wagerls durch einen Piepton seine Neigung kundgetan hatte – sie kehrte um ohne das Grab zu besuchen. Den Aufwand, es zu Fuß doch noch zu schaffen, scheute sie offensichtlich.

Im Meditationsgarten waren Gestecke von Fans aus aller Welt aufgestellt. Langsam bewegte sich die Menge an den vier Gräbern – Minnie Mae, Elvis, Vernon und Gladys vorbei. Wir wussten allerdings nicht recht was wir dort anfangen sollten, echte Trauer wollte nicht recht aufkommen, etwas zu skurril erschien das Ganze. So beschlossen wir, wenigstens ein paar Fotos zu schiessen.
Der Rückweg ging ungleich schneller von statten als der Hinweg, in drei Minuten waren wir wieder beim Besucherzentrum angelangt, wo sich mittlerweile ein paar Fans zu einer zwanglosen Jam-Session eingefunden hatten. Wir beschlossen jedoch, eine zweistündige Autofahrt vor uns, die Heimreise anzutreten.



Montag, 18. August 2008

At Sun Records, Nashville (nix Memphis)

Das Sun-Studio in der Union Avenue 706 in Memphis, TN, gilt als der Geburtsort des Rock’n Roll. Die ersten Aufnahmen Elvis Presleys in den Räumlichkeiten markieren den Start jenes Musikstils, den weitere Musiker wie Jerry Lee Lewis, Johnny Cash, Carl Perkins, Roy Orbison, Billy Lee Riley oder Warren Smith in die ganze Welt tragen und die Musiklandschaft für immer verändern sollten. 1968 verkaufte Sam Phillips, der Gründer von Sun-Records, sein Label an Shelby Singleton aus Nashville, der durch Lizenzvergabe der Aufnahmen an Charly-Records in England in den 1970ern das Rockabilly-Revival geschickt ausnutzte. Sun-Records, noch immer in Nashville beheimatet, war nun unser Ziel. Es war Sonntag, wir fuhren auf den Parkplatz und wir hatten Glück.
Jason, der eigentlich das Studio neu ausmalen sollte, gab uns eine kleine Führung durch das Gebäude. Als erste betraten wir das Büro von Shelby selbst, jenem Windhund, der in den 1980ern die Musikwelt narrte, indem er auf dem Album „Duets – Jerry Lee Lewis and friends" die Sun-Aufnahmen von Lewis mit dem Gesang von Jimmy „Orion" Ellis mischte, jenem Sänger, dessen Stimme – eine Laune der Natur – jener von Elvis Presley sehr, sehr ähnlich war, und damit suggerierte Lewis und Presley hätten, abgesehen von den Aufnahmen des Million Dollar Quartets von 1957, gemeinsam im Studio gestanden. Shelbys Büro ist an den Wänden bedeckt mit Goldenen Schallplatten sämtlicher erfolgreicher Sun-Singles, Presley, Lewis, Orbison, Cash usw., die laut Auskunft von Jason immer noch regelmäßig eintreffen.

Unmengen von Sun-Merchandise lagen auf dem Besprechungstisch aus Hickory-Eiche, ein riesiger Bildschirm hing an der Wand hinter dem kolossalen Schreibtisch – wahrscheinlich hat Shelby Kabelanschluss im Büro. Das ehemalige Studio im Belmont Blvd 3106 dient nun als Lager für die Merchandise-Artikel, vom Korkenzieher bis zum Stoßstangenaufkleber ist alles vorhanden, sogar eine eigene Sun-Records Chilli-Soße gibt es. An der Wand waren die Cover sämtlicher Sun-Alben angebracht, beschämt konnte ich nur ein einziges Album entdecken, welches sich auch in meiner Sammlung befindet. Nachdem wir uns ausreichend mit T-Shirts versorgt hatten und mit Jason noch etwas über die Geschichte des wahrscheinlich legendärsten Record- Labels der Welt gefachsimpelt hatten, traten wir die Weiterfahrt an den Broadway in downtown Nashville an.