Donnerstag, 21. August 2008

Memphis, Tennessee - Elvis Week 2008


Die Elvis-Week 2008 in der Woche vom 9.8-16.8.2008 war für uns ein Grund, die 140 Meilen lange Reise nach Memphis anzutreten, nicht ohne den Hintergedanken bei Cozy Corners eine Portion der wahrscheinlich besten BBQ-Schweinerippchen in ganz Memphis geniessen zu können.





Nach einigen Staus auf dem Interstate Richtung Osten, während denen wir uns mit Elvis-Movie-Songs einstimmten, stärkten wir uns nach der Ankunft jenseits des Mississippi erstmal mit besagten Rippchen, einem BBQ-Pork-Sandwich und einem überaus köstlichen Kürbiskuchen. Das der Mampf auf Plastiktellern inkl. Plastikbesteck serviert wird, ist eine in den USA weit verbreitete Unsitte - wir blickten großzügig darüber hinweg.

Sodann beschlossen wir noch im Legendary Sun Studio in der Union Avenue vorbeizuschauen, um und etwaige Infos für die Elvis-Week zu holen, schließlich ist das Sun-Studio als offizieller Partner auf der Homepage angeführt. Doch dieses Unterfangen blieb leider erfolglos, das Personal im Studio hatte überhaupt keine Ahnung von dem, was wir wollten. Einer Bemerkung würdig ist auch die Tatsache, dass am Geburtsort des Rock’n Roll die käuflich erwerbbaren CDs der Sun-Interpreten großteils aus den Beständen von europäischen Labeln wie Charly-Records (GB) und Bear Family Records (D) stammen.

So beschlossen wir, Richtung Graceland, dass im Süden der Stadt am Elvis Presley Blvd gelegen ist, zu fahren. Als wir das Graceland-Besucherzentrum erreichten, war sofort klar dass wir mit unserer Entscheidung absolut richtig gelegen hatten. Fans aus aller Welt tummelten sich auf dem Gelände, Elvis-Imitatoren traten auf einer Bühne in einem Zelt auf, Getränke- und Snackstände waren vorhanden, die Souvenirboutiquen waren geöffnet und machten tolle Umsätze, es herrschte ausgelassene Jahrmarktsstimmung. Die Presley-Geldmaschine funktioniert nach wie vor prächtigst.
Eine Elvis-Imitatorin war gerade auf der Bühne, als wir vom Parkplatz kamen und das Zelt betraten, Sekunden bevor es ausgiebig zu regnen begann.


Ihren tadellosen Gesang präsentierte sie mit einer Kombination aus Elvis-Tanzschritten und offensichtlich einer in einem Striplokal erworbenen Choreografie, ohne jedoch ein Kleidungsstück abzulegen. Doch das Maß an Skurrilität war noch längst nicht erreicht. Als nächstes betrat ein ca. 10 Jahre altes Mädchen nach der Ansage ihrer Mutter die Bühne, gekleidet in einen weißen, mit Straßsteinen verzierten Jumpsuit und einen massiven, breiten, goldenen Gürtel. Der für ein Kind erschreckend tiefe Gesang und die Interpretation von Elvis-Klassikern begeisterten das Publikum, zum überwiegenden Teil Damen mittleren Alters, mehr als eine von ihnen wünschte sich vermutlich eine so süsse, engelsgleiche Enkeltochter. Die Mutter übernahm während der Show die Rolle des Charlie Hodge und hängte ihrer Tochter einen seidenen Schal nach dem anderen um den Hals, die diese sogleich an die Fans im Publikum, zum Großteil wohl die eigene Verwandtschaft, verteilte. Nach einigen abschließenden Elvis-Choreografien verließ das arme Mädchen, nachdem es noch einige altkluge Sprüche über die Bedeutung des Presley-Jungen von sich gegeben hatte, die Bühne und machte Platz für den nächsten Imitator.

Ein ca. 14 jähriger Knabe im schwarzen Jumpsuit und mit aufgemalten Koteletten betrat zu den Klängen von „Also sprach Zarathustra“ die Bühne und legte sogleich mit „See See Rider“ los. Das Hauptaugenmerk seiner Show lag wohl eher auf der Bewegung , denn der Gesang war eher dünn. Die jungen Mädchen am Bühnenrand schmachteten den Burschen an, so manch eine aus diesen Reihen dürfte wohl auf der Elvis-Week zum ersten Mal Gefallen und Interesse am anderen Geschlecht gefunden haben. Aber auch die reiferen Damen waren angetan und der Knabe, der ebenfalls Seidenschals verteilte, war mit Küsschen auf die Backen von Damen jeder Altersklasse alles andere als sparsam. Auch er hat offensichtlich eine ehrgeizige Mutter, die zwar als Charlie-Hodge-Schal-Lieferant fungierte, aber es leider verpasst hatte, sich als dieser Sideman zu verkleiden. Einige rockige Songs, „Burning Love“, „Suspicious Minds“ später verlies der Knabe, ebenfalls nach dem obligatorischen Kniefall die Bühne.

Was nun folgte war wirklich unglaublich qualitätsvoll. Ein junger Mann namens Dean Z schritt nach Ankündigung durch den Moderator und tosenden Applaus auf die Bühne, offensichtlich war er dem Publikum bestens bekannt. Weder Jumpsuit noch Koteletten noch Glitzerhemd zierten seinen Körper, ein schlichtes schwarzes Hemd und beige Hosen bildeten sein Outfit. Sogleich begann er seine Show mit der Titelmelodie aus dem 1966 Film „Spinout“. Sein Hauptaugenmerk lag auf Elvis-Songs aus der Film-Ära der Sechziger, die wirklich superb präsentiert wurden, doch nicht nur das: seine Tanzschritte, seine Bewegungen und seine Mimik stimmten mit denen von El aus den Filmen – Girls, Girls, Girls; Harum Scarum; GI Blues oder Roustabout - derart überein, dass man sich wirklich der Illusion hingeben konnte, es wäre der echte Elvis Presley auf der Bühne –allerdings bei Regenwetter in einem Zelt auf einem Parkplatz. Doch damit nicht genug, auch zwei Buddy-Holly-Songs präsentierte er stimmlich derart brilliant, sodass beim ersten Hinhören kein Unterschied zum Gesang des 1959 verstorbenen, schlaksigen Texaners auszumachen war. Wiederum hatte die Damenwelt ein Objekt der Begierde gefunden, Dean Z wurde nach dem Ende seiner Show regelrecht belagert.
Was danach folgte sei hier nur mehr erwähnt, ein Brite mit fliehendem Kinn, der hauptsächlich Balladen ala „Danny Boy“ interpretierte, gesanglich erste Qualität, ein etwas korpulenterer Herr in Jeans und Sportschuhen, der zwar nicht durch seine Bewegungen auffiel, sondern ebenfalls durch seine überzeugende Stimme und ein Glatzkopf, der seine Liederauswahl etwas zu arienhaft gestaltete.
Damit war der Livepart für diesen Tag beendet.


Ein Fackelzug zum Grab der Presley-Familie im Meditationsgarten von Graceland, auf der anderen Straßenseite, sollte noch folgen, schließlich war es die Nacht vor dem 31ten Todestag des Meisters. Die Polizei von Memphis hatte den Elvis-Presley-Blvd gesperrt, Kerzen wurden verteilt, die Menge sammelte sich auf der Straße.

Zuerst orientierungslos, schlossen wir uns den Massen an und gingen zum vermeintlichen Eingang des Grundstückes. Alsbald erkannten wir das wahre Ausmaß der Menschenmenge, die zum Grab pilgern wollte – es müssen zehntausende gewesen sein - denn wir mussten uns in eine lange Schlange einreihen.

Geschlagene zwei Stunden dauerte es, bis wir im nur ca. 300 Meter entfernten Meditationsgarten ankamen. Vorbeiführend an den berühmten, mit zahlreichen Sprüchen von Anhängern verzierten Gartenmauern des Anwesens, Fackelträgern, rekrutiert aus Mitgliedern von Elvis-Fan-Clubs aus allen Teilen der Welt, Grabgestecken, Labestationen mit Trinkwasser, nutzten wir, langsam vorwärtskommend, diese Stunden, um die Fans einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. So manchen treuen Fan, erkenntlich an diversen, selbstgestalterischen Anleihen am Meister – blauschwarz gefärbtes Haar, goldene Sonnenbrillen, lange Koteletten, Goldschmuck unter dem weit geöffneten Hemd, erblickten unsere Augen. Vor uns fuhr eine stark übergewichtige Dame, in eine rosarote, mit dem Wort Elvis geschmückte Jacke in beeindruckendem Ausmaß, in einem Buggy, wie sie für Behinderte und Geh-Faule in jedem Supermarkt zur Verfügung gestellt werden, im Einkaufskorb zwei große Becher mit Limonade. Beinahe wäre es zu einem folgenschweren Unfall gekommen, denn als die Dame ihr Vehikel nicht über die Randsteinkante bugsieren konnte und, anstatt abzusteigen, durch ein umständliches Manöver mit voller Geschwindigkeit das Hindernis meistern wollte, legte sie versehentlich den Rückwärtsgang des Fahrzeuges ein und rammte eine ihr nachfolgende Person.

Nachdem wir schon eine Stunde gewartet hatten, beschlossen wir, anstatt die Schlange zu verlassen, doch noch durchzuhalten, denn das Grab des Königs des Rock’n Roll kann man als Österreicher nicht alle Tage besuchen, im Übrigen ebenso wenig wie die Kapuzinergruft.
Die Dame in ihrem Buggy vor uns gab allerdings wenige Meter vor dem Grab auf, als der Batterieladestand ihres Wagerls durch einen Piepton seine Neigung kundgetan hatte – sie kehrte um ohne das Grab zu besuchen. Den Aufwand, es zu Fuß doch noch zu schaffen, scheute sie offensichtlich.

Im Meditationsgarten waren Gestecke von Fans aus aller Welt aufgestellt. Langsam bewegte sich die Menge an den vier Gräbern – Minnie Mae, Elvis, Vernon und Gladys vorbei. Wir wussten allerdings nicht recht was wir dort anfangen sollten, echte Trauer wollte nicht recht aufkommen, etwas zu skurril erschien das Ganze. So beschlossen wir, wenigstens ein paar Fotos zu schiessen.
Der Rückweg ging ungleich schneller von statten als der Hinweg, in drei Minuten waren wir wieder beim Besucherzentrum angelangt, wo sich mittlerweile ein paar Fans zu einer zwanglosen Jam-Session eingefunden hatten. Wir beschlossen jedoch, eine zweistündige Autofahrt vor uns, die Heimreise anzutreten.



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