Montag, 25. August 2008

Das Trader Vic's




















Das Trader Vics im Keller des Atlanta Hilton sperrt um 17.00 auf, das hieß für uns warten, denn wir waren schon um 16.00 vor Ort. Diese Pause nutzten wir um uns im Hilton etwas umzusehen. Die riesige Lobby und die unglaubliche Anzahl an Menschen, die geschäftig herumirrten sowie die Menge der ausnahmslos afro-amerikanischen Kongressteilnehmer waren ein wirklich eindrucksvoller Anblick.

Es ist unglaublich, welcher Reichtum sich hinter dem Hilton-Klan befinden muss, umso erschüttender ist die Tatsache, dass eine Person wie Paris Hilton, die bis jetzt nur durch Amateurpornos, schlechte Reality-TV-Soaps und mangelnde Unterwäsche von sich reden machte, nun bemüßigt fühlt, zum amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf ihren Kommentar abgeben zu müssen – sie bevorzugt natürlich den republikanischen Kandidaten John McCain.

Nachdem wir mit dem gläsernen Fassadenlift anstelle in das Kellergeschoss in Windeseile in den 28ten Stock gerast waren, schafften wir es trotzdem, den Eingang des Trader Vics zu finden. Eine Vitrine vor dem Eingang enthält zahlreiche Artikel aus der Geschichte der Lokalkette, wie diverse Tiki-Becher (der legendäre „Suffering Bastard“, die Aloha-Kokosnuss), Teller, die Trader Vic’s Mai Tai-Fertigmischungen, die Cocktailsirupe, aber auch Teitelbaums „Road Trip“, Sven Kirstens essentielles „Book of Tiki“ und eine Victor Bergeron-Biographie, der Vic hinter Trader Vic.

Nachdem wir um 17:00 endlich Einlaß gefunden hatten, nahmen wir unweit der Bar Platz – um dem Barmann bei seiner Tätigkeit beobachten zu können - und orderten erstmal zwei Original Mai Tai. Meiner Meinung nach ist er nach wie vor der beste Rum-Cocktail überhaupt, eben Mai tai roa ae. Im Vergleich zum Trader Vic's in München oder in London – bislang die einzigen Trader Vic’s die wir besuchten - wirkt das Lokal in Atlanta beinahe unterdekoriert, obwohl es von Tikis im marquesianischen Stil, meist in der Funktion als Zierpfeiler, geradezu wimmelt.

Die Wände sind mit Bambus, Tapastoffen, Schildkrötenpanzern und Schnitzerein verziert, der Teppichboden weist ein überaus hübsches, buntes, florales Muster auf. Von der palmwedelgedeckten Decke hängen Glaskugellampen, Kugelfische und Fischreusen. Die verwinkelte Anordnung der Räume suggeriert das Gefühl, in einer kleinen Hütte zu sitzen, obwohl das Ausmaß des Lokals enorm ist. Gemeinsam mit dem Lokal in Emeryville, CA ist das Trader Vic’s in Atlanta eines der letzten, alten, originalen Lokale der Kette, teilweise sind die Tikis und der Wandschmuck über 50 Jahre alt.


Als kleinen Snack bestellten wir uns gebackene Shrimps und polynesischen Schweineripperl mit verschiedenen Dips, ein wahre Köstlichkeit. Der Mai Tai war längst passe, Nachschub in Form eines Blue Hawaii im klassischen Hurricane-Glas kam sogleich an den Tisch. Nicht zu süß, wunderschön hellblau und mit Ananasspießchen serviert, war er gerade passend. Der „Blue Hawaii“ wurde schon 1957 im Hilton Hawaiian Village in Honolulu von Harry Yee kreiert, also schon vier Jahre vor dem gleichnamigen Elvis-Film, einem seiner schönsten Filme, wie wir finden.

Einem weiteren Cocktail konnten wir vor dem Verlassen des Lokals nicht widerstehen, unsere Wahl fiel auf den "Kamaaina", der in einem keramischen Kokosnussbecher serviert wurde. Leider war es nicht möglich den Becher käuflich zu erstehen, vor einem dreisten Diebstahl wiederum schreckte ich zurück. Das Kokosaroma des Cocktails, ohne die fette Süsse eines Pina Coladas hatte etwas sehr erfrischendes. Trotzdem sei hier vor dem hohen Alkoholgehalt der Drinks gewarnt, obwohl das Eis, die Sirupe und die ausnahmslos frisch gepressten Fruchtsäfte den Geschmack des hochwertigen Rums überdecken, die Wirkung lässt nicht lange auf sich warten. Hierbei sei erwähnt, dass es im englischen Sprachgebrauch gar kein adäquates Wort für den Zustand des Rausches gibt, „intoxication“ bedeutet gleichzeitig auch Vergiftung.

Ein lustiges Detail am Rande war die musikalische Untermalung während unseres Aufenthaltes. Diese stammte nämlich von der uns wohlbekannten, italienischen Hawaii-Combo „I Belli Di Waikiki“ – zwar nicht live, sondern in Form ihres zweiten Albums „Tipi di Spiaggia“ - welches durch die Hausanlage lief.

Der Besuch eines Trader Vic’s ist immer ein Erlebnis, egal wo man sich auf dem Erdball befindet. Die Cocktails gehören zu den zweifelsfrei besten der Welt und der Erfolg gibt dem Recht. Zwar fehlt es in Atlanta an gewissen Gags, wie dem 12-Personen-Mai-Tai-Kanu im Trader Vic’s in London, doch wie wir in Erfahrung bringen konnten, gibt es stattdessen chillige Hawaii-Abende mit Live-Musik. Ob auch „I Belli Di Waikiki“ dort auftreten werden? Wahrscheinlich werden sie jedoch vorher beim „Klub Exotika“ in Graz wieder einmal die Meute beglücken...

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