Montag, 1. Dezember 2008

In Oklahoma, Babe!

Nachdem wir in den letzten Wochen von unseren universitären Verpflichtungen überaus stark beansprucht wurden und wir unserer selbstauferlegten Pflicht, regelmäßig aus Arkansas zu berichten, nicht ausreichend nachgekommen sind, freut es uns nun besonders hier verlautbaren lassen zu können, dass sich der Dunst des Streberns und Lernens nun allmählich zu lichten beginnt und das Semesterende für uns mit sehr zufriedenstellenden Ergebnissen in den Kursen in unmittelbare Sichtweite gerückt ist. Da es aus der Ottenheimer-Bibliothek der UALR, die zwar überaus gut bestückt ist – es gibt immerhin drei verschiedene Buddy-Holly-Biografien - keinerlei Erlebnisse zu berichten gibt, die für Nicht-Teilnehmer der von uns belegten Lehrveranstaltungen interessant wären, haben wir uns entschlossen, einige Stories zu veröffentlichen, die vielleicht nicht mehr ganz brandaktuell sind, aber unter Umständen dennoch den/die eine(n) oder andere(n) interessieren könnten.

Jene kleine Fahrt nach Oklahoma, einen im Westen angrenzenden Staat, der vor allem für den Run auf Oklahoma im Jahre 1889 bekannt ist, jenes Ereignis, dass auch in einem Lucky-Luke-Band sowie im Film „In einem fernen Land“ mit Tom Cruise und Nicole Kidman seinen Niederschlag fand, ist eine jener kleinen Geschichten.
Nachdem wir uns damals im Ernest-Tubb-Record-Store in Nashville, TN, zu Beginn unserer Reise mit einem kleinen Vorrat an Tonträgern aus dem Genre „Country“ ausgestattet hatten, unter denen sich das neueste Werk des Hillbilly-Troubadours Wayne „The Train“ Hancock befindet, dass mit dem wenig klingenden Namen „Tulsa“ – der Name der zweitgrößten Stadt in Oklahoma - betitelt ist, wuchs die Neugier auf den „Sooner-State“. Weiters lag uns auch nach mehreren Jahren Abstinenz noch immer der Tom-Powder-and-the-Portfires-Hit „Oklahoma Baby“ in den Ohren. Die Lektüre von John Steinbecks Klassiker „Früchte des Zorns“, die Geschichte über eine Familie von Okies – die Bezeichnung für die Einwohner dieses Staates – die im Zuge der großen Depression in den Dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts auf Grund einer Dürre ihre Farm in der sogenannten „Dustbowl“ in Richtung Kalifornien verlassen muss, war ebenfalls noch lebhaft in Erinnerung. John Steinbecks Roman wurde übrigens schon wenige Jahre nach dem Erscheinen mit Spencer Tracy in der Hauptrolle verfilmt, leider können wir diesen Film weder empfehlen noch davon abraten, da wir ihn selbst noch nicht gesehen haben. Und nicht zuletzt wurde das Oklahoma-Territorium auch als das Ziel jenes gigantischen Umsiedlungsprogrammes auserkoren, das unter dem Namen „Trail of Tears“ – der Pfad der Tränen – in die Geschichtsbücher eingegangen ist. Dabei wurden die Stammesmitglieder der sogenannten „Fünf zivilisierten Stämme“ – Cherokee, Choctaw, Muskogee, Chickasaw und Seminolen – die ursprünglich östlich des Mississippi beheimatet waren, in die öde, flache, windige Ebene von Oklahoma getrieben, wobei an die 4000 Todesopfer, die den Strapazen des Marsches nicht gewachsen waren, zu beklagen waren. Die Möglichkeit, eine leibhaftige "Rothaut" - man verzeihe uns diese unsensible Ausdrucksweise - erblicken zu können, ist auf jeden Fall eine mehrstündige Fahrt im komfortablen und äußerst gut gefederten Cadillac wert.

Die Reise führte durch eine flache Landschaft, auf Grund des starken Windes – Oklahoma liegt in der „Tornado-Alley“, warum wohl, dürfte hoffentlich klar sein – waren überhaupt keine Blätter mehr an den Bäumen, obwohl es in Arkansas noch grün war. Schließlich kamen wir auch durch Muskogee, benannt nach einem der Stämme und bekannt durch den Merle-Haggard-Klassiker „Okie from Muskogee“ aus dem Jahr 1969, eine Stadt die relativ wenig zu bieten hat. Der Höhepunkt hier war der Besuch von „Braum’s“ einem Schnellrestaurant, dessen Erdbeer-Milchshakes die bislang besten sind, die wir je versucht haben. Am Straßenrand sahen wir auch den Hinweis auf einen Amish-Laden, jene Religionsgemeinschaft aus Pennsylvania, die auf jegliche moderne Technik verzichtet und das Ziel von so manchem Spott ist. Leider waren die Inhaber keine der Gläubigen sondern der Name ist lediglich eine Marketing-Strategie, um auf die „alte“ Zubereitungsweise und „Natürlichkeit“ der Köstlichkeiten, die feilgeboten werden, hinzuweisen. So gibt es hier Marmeladen, Kuchen, Kuchenfülle, Würste, Käse, Fudge und vieles mehr.
Die Native Americans, die als Wiedergutmachung für die an ihnen begangenen Gräueltaten das Privileg genießen, das ansonsten verbotene Glücksspiel in Casinos anbieten zu dürfen, nutzen diese Einnahmequelle vorwiegend um die überdurchschnittliche Armut und Arbeitslosigkeit innerhalb der Stämme zu bekämpfen. Interessanterweise waren jedoch alle Angestellten in den Casinos, die wir besuchten, Caucasians, also Weisse. Der Verlockung, die Automaten mit Quarters zu füttern, konnten wir locker widerstehen, schließlich hatten wir auch Las Vegas erfolgreich hinter uns gebracht, ohne ein Vermögen zu verlieren, weder ein kleines noch ein großes.

Tulsa selbst ist eine wenig spektakuläre Stadt, die größenmäßig so cirka Little Rock entspricht. Warum Wayne Hancock der Stadt ein ganzes Album gewidmet hat, war für uns nicht ersichtlich, doch trug auch der Wind, der durch ganz Oklahoma pfeift und zwischen den Hochhäusern von Downtown ganz ordentliche Geschwindigkeiten erreichen kann, dazu bei, dass wir uns auf keine explizite Erforschung der Stadt einließen.

Die Heimfahrt führte uns schließlich noch, vorbei an Kuhweiden – es ist beruhigend zu sehen, wie naturverbunden ein Hamburger aufwächst – in die Universitätsstadt Fayetteville, die allerdings bereits wieder in Arkansas liegt und als die Heimat der „Razorbacks“ bekannt ist. Allen Unkenrufen zum Trotz sind wir, vom überaus schönen und großen Campus inklusive der an Südstaaten-Anwesen erinnernden Verbindungshäuser keineswegs geblendet, durchaus froh, dass unsere Wahl für den Ort unseres Auslandssemesters zwischen Fayetteville und Little Rock auf letzteres fiel, denn die Kleinstadt in den Bergen bietet außer einem feuchtfröhlichen Studentenleben mit einem Durchschnittsalter von 21 Jahren keineswegs viel Abwechslung. Übrigens, Häuptling haben wir keinen einzigen gesichtet.


- die Tornado Alley -


- bei Braum's -



Ein "Cherokee-Casino"

Die gute Marge hat gewonnen. Schön!

- Der Hamburger in freier Wildbahn -


- angeblich hausgemachte Kuchenfülle - in welchem Haus? -


- Tulsa Häuserschlucht -

- die leeren Strassen von Tulsa, nix los -

- der Caddy in Tulsa -

- Das Razorback Stadium der Nachbar-Uni in Fayetteville -


- Sitz der Studentenverbindung Sigma Alpha Epsilon -

- Lambda Chi Alpha -

- ein eigenes Freilufttheater griechischen Stiles -

1 Kommentar:

RunningChef hat gesagt…

Hallo Herr Professor.

Kann ihren überaus zu faszinierenden Schreibstil nur bewundern. Weiter so, Ihre Reiseberichte sind immer wieder ein Genuss. Auch ihre werten Eltern bewundern ihre Dichtkunst.

Schöne Grüße
Ihr ergebener Bruder
runningchef