Montag, 29. Dezember 2008

Utah und der Große Salzsee

Der Morgen unseres vierten Reisetages begann mit einem Abstecher in den Nobelskiort Aspen, den wir vor allem aus dem Film „Dumm und Dümmer“ kennen. Die Tatsache, dass es sich um einen elitären Skiort mit extrem hohen Preisen, sowohl für Immobilien als auch für ordinäre Lebensmittel handelt, konnte uns nicht davon abhalten, die knapp 40 Meilen lange Fahrt anzutreten. Warum die amerikanische Straßenmeisterei, sollte es eine solche geben, jedoch auf die Split- oder Salzstreuung in Richtung Aspen verzichtet, wird wohl für immer ein Mysterium bleiben. Vielleicht soll auch einfach nur der Pöbel abgehalten werden, die Reichen und Schönen in ihrem Refugium zu belästigen. Nach einer Stunde Fahrtzeit und schweißnassen Händen hatten wir es aber trotzdem geschafft. Mehr als eine Tasse Kaffee trinken wollten wir in dem Ort ohnehin nicht. Im Grunde unterscheidet sich Aspen in keinster Weise von heimischen Orten gleichen Couleurs, wie Sankt Anton oder Kitzbühel. Irgendwie hat man hier den Eindruck dass sich der amerikanische Geldadel ein gewisses europäisches Flair herbeiwünscht, so sind die zahlreichen Edelboutiquen durchwegs mit den Namen europäischer Modeschöpfer und Marken geschmückt. Die Preise der Skipässe liegen mit ca. 1700 Dollar für einen 20-Tage-Pass etwa im gleichen Bereich wie in Europa. Da aber der durchschnittliche amerikanische Arbeitnehmer mit einem Jahresurlaubsanspruch von zwei Wochen vorlieb nehmen muss, ist hier bereits klar, welches Publikum in Aspen verkehrt.






Bei der Rückfahrt legten wir als Etappenziel des Tages die Mormonenstadt Salt Lake City in Utah fest. Durch die Rockies auf dem Interstate 70 ging es mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 85 Meilen, etwas flotter als das Gesetz erlaubte, denn der Weg nach Salt Lake City war weit. Hatten wir noch geglaubt, die Landschaft in Texas oder Oklahoma wäre wegen ihrer Weite beeindruckend, wurden wir hier eines Besseren belehrt, nämlich dass es noch weiter, noch leerer und noch verlassener geht. Die Rockies lagen zurück und das Vorgebirge ging in Hügeln und schließlich in eine Ebene über. Auf dem Interstate 70, dem wir bis zur Abzweigung der US 6 folgten, sahen wir Hinweisschilder, die darauf aufmerksam machten, dass es auf den nächsten hundert Meilen weder Benzin, noch Toiletten oder Restaurants gibt. Wiederum gibt es parallel eine Bahnlinie der Union Pacific, deren Züge aber aus unerfindlichen Gründen mitten in der Einöde stehen, ein durchaus Beckett’sches Attribut. Jedenfalls ist der Anblick dieses Landes wirklich atemberaubend, denn man sieht über Meilen nicht das geringste Bauwerk. Lediglich die Straße selbst, die Bahnlinie und die begleitenden Hochspannungsmasten sind Zeugen der menschlichen Anwesenheit und Besiedelung. Wie dieses Land wohl zu Zeiten der Natives gewirkt hat, kann man zwar nur erahnen doch ist man dennoch tief berührt. Weitläufiger kann die Landschaft wirklich nur mehr in Sibirien sein.




Hinter Green River – zufällig hatten wir genau Green River von CCR im Radio – zweigt die US 6 Richtung Norden ab. Knapp 180 Meilen sind es von hier bis nach Salt Lake City, in drei Stunden sollten wir es schaffen. Zuerst ewig durch die Ebene, mit Tafelbergen im Osten, ging es wieder etliche Meilen schnurgerade dahin, ehe die Straße in die Berge aufsteigt. Da bereits die Dunkelheit hereingebrochen war, war die Fahrt auf der kurvigen Bergstraße nicht der beste Zeitvertreib, zu mal sich zusätzlich auch noch Niederschlag in Form von Schneeregen angesagt hatte. So glitten wir durch die Berge in Richtung Norden, aber dort, wo es kaum Behausungen gibt, konnte man bereits einen Lichtschein im Norden ausmachen – die Beleuchtung von Salt Lake City, die zum Himmel strahlt. Diese beeindruckende Illumination machte Appetit auf mehr.

Am nächsten Morgen machten wir uns daran, Salt Lake City etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Stadt liegt in unmittelbarer Nähe zu den Bergen, blickt man die schnurgeraden Avenues hinunter, bleibt der Blick unweigerlich an den schneebedeckten Gipfeln jenseits der Stadtgrenze hängen. Kaum 30 Minuten Autofahrt von Downtown entfernt befinden sich die größeren Skigebiete. Gemeinsam mit Colorado ist Utah das Ziel für skibegeisterte Amerikaner. Natürlich wollten wir uns auch den Mormonentempel, oder korrekt ausgedrückt, den Tempel der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage, nicht entgehen lassen, der sich am Templesquare im Norden der Stadt befindet. Ehrlicherweise muss man bei dieser Gelegenheit festhalten, dass der Tempel mit seiner goldenen Engelsstatute an der Spitze zwar prächtig ist, aber bei weitem nicht so groß wie man eventuell erwarten würde. Kein Zweifel kommt allerdings hinsichtlich der Bedeutung Salt Lake Citys als Finanz- und Verwaltungszentrum von Utah auf, denn einige Bankgebäude sind erheblich größer und höher als der Tempel. Allerdings trifft das auch auf das mormonische Konferenzzentrum und die Ahnenbibliothek zu. Die Ahnenforschung spielt in dieser Religion eine wichtige Rolle, da damit auch die Seelen der Verstorbenen nachträglich gerettet werden können. Insgesamt ist die Bebauung in der Stadt gemischt, Neubauten aus Stahl und Glas neben Ziegelbauten. Dadurch wirkt die Stadt sehr lebendig, obwohl sich auf Grund der Weihnachtsfeiertage kaum eine Menschenseele auf den Straßen befand. Trotzdem ist die Stadt alles andere als spießig, etwas weiter die State Avenue in Richtung Süden runter – das typisch rasterförmige Straßennetz ist exakt nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet – befinden sich eine Menge Szene-Boutiquen, Tätowiersalons, ethnische Restaurants und Gebrauchtwarenhandlungen. Salt Lake City ist mit Abstand die sauberste Stadt, die wir im Zuge dieser Reise besuchten, ob dieser Umstand auf die Mormonen zurückzuführen ist, ist weder klar noch ausgeschlossen.





Schließlich suchten wir auch noch den berühmten Great Salt Lake auf, der sich in gar nicht unmittelbarer Nähe der Stadt befindet, die Fahrtzeit von Downtown beträgt über den Interstate knappe 20 Minuten. Offensichtlich war der Wasserstand durch den Winter etwas gesunken, denn der Blick auf den salzigen Schlamm am Grund war frei, die Wasseroberfläche befand sich ca. 200 Meter vom eigentlichen Ufer entfernt. Das Ausmaß des Sees ist enorm, die gegenüberliegenden Ufer sind nicht auszumachen. Interessanterweise wird der See, dessen hoher Salzgehalt das Schwimmen in der passenden Jahreszeit zu einer einfachen Übung macht, auch wirtschaftlich genutzt. Eine spezielle Krebsart wird als Fischfutter gefangen, weiters ist der See ein wichtiger Lieferant für diverse Salze die in der chemischen Industrie ihre Verwendung finden. Auch das Wasser wird, nachdem es entsalzt wurde, als Trinkwasser genutzt. In dieser Saison spielt sich bei durchschnittlich drei Grad Celsius natürlich am See gar nichts ab. Da außerdem auch noch der Wind pfiff, zwar nicht so schneidend und eisig wie in Oklahoma, aber trotzdem ordentlich, schauten wir zu dass wir weiterkamen, schließlich lag noch eine Wüste zwischen uns und unserem Ziel im nächsten Staat.

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